Gerstenberger Tischchronometer No. 27, ca. 1926
Chronometerwerk 60 mm Durchmesser mit großem, vorstehenden Federhaus und feinkörnig vergoldeten Platinen, die hintere Halbplatine misst 51 mm. Federchronometerhemmung nach Earnshaw in der Ausführung wie sie in Glashütter Feder-Chronometern verwendet wurde, mit 11 Rubinen, Zentralsekunde und Sekundensprung. Fein polierte Stahlteile und Schrauben. Schwere Nickelstahl-Kompensationsunruhe mit 6 goldenen Regulierschrauben und zwei verschiebbaren zylindrischen Gewichten. Isochronische gebläute Stahlspirale mit Gerstenberger‘ scher Endkurve. Zweifach verschraubter Goldchaton für den oberen Unruhwellenzapfen mit Diamantdeckstein. Werk und Zifferblatt signiert „G. Gerstenberger Glashütte i. Sa. No. 27. Metallzifferblatt 90 mm Durchmesser, versilbert, mit Sektoren für Minuten und Stunden, römischen Ziffern, äußerem und innerem Minutenring. Blau angelassener Stahlzeigersatz mit Birnzeigern, filigraner Sekundenzeiger mit Ausgleichsgewicht. Gehäuse aus Mahagoni 133 x 133 mm mit schräger Aufnahme für das Chronometer. Verschraubter Werkschutz aus Messing. Aufzug und Zeigerstellung rückseitig. Original Vierkantschlüssel mit Taschenuhrkrone.
Dieses Tischchronometer von Gerstenberger ist ein schönes Stück Uhrmacherkunst aus Glashütte. Gerstenberger baute ab 1920 eine Serie dieser Chronometer mit insgesamt vermutlich ca. 200 Exemplaren. Die vorliegende Nummer 27 ist die früheste bekannte Nummer. Es entstand wohl um 1926 und trägt noch die kursiv gravierte Signatur Gerstenbergers auf der Werkplatine, außerdem ist das Zifferblatt mit Gerstenbergers Namen und der Nummer signiert. Spätere Tischchronometer hatten geprägte Platinen und waren auf dem Zifferblatt mit „Original Glashütter Chronometer“ ohne Angabe der Nummer, teilweise lediglich mit einer Verkäufersignatur signiert. Das in seiner puristischen Funktionalität ästhetisch ansprechende Werk mit dem langen mittigen Unruhekloben und dem vorstehenden Federhaus scheint inspiriert von Breguets Chronometern, bei denen teilweise ein ähnlicher Werkaufbau zu sehen ist. Das Chronometer hat noch heute eine Abweichung von wenigen Sekunden und läuft 30 Stunden durch. Alle Teile sind sehr gut erhalten, insbesondere ist die Original-Vergoldung der Platinen noch in hervorragendem Zustand.
Gustav Gerstenberger (6.7.1886-10.8.1983) gilt als der letzte der bedeutenden Chronometermacher in Glashütte. 1905 war er Schüler an der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte. Nach dem ersten Weltkrieg arbeitete er als freier Mitarbeiter bei Lange & Söhne im Chronometerbau. Noch in den 1960er Jahren erreichten die von ihm regulierten Chronometer bei der Chronometer-Prüfstelle Stralsund erste Plätze. Eine besondere Spezialität sind diese von ihm gebauten Tischchronometer, die in den 1920er und 1930er Jahren als Zeitnormal und als Blickfang in Schaufenstern von Juwelieren und Uhrmachern verwendet werden. Schon weit über 80 Jahre alt arbeitete er noch als Regleur und Reparateur für die GUB (Glashütter Uhrenbetriebe VEB) und für den Stralsunder Chronometerprüfdienst. Von ihm stammen die „Gerstenbergerschen Kurventafeln“ als Anleitung zum Biegen der Endkurven von Breguetspiralen, mit denen Generationen von Uhrmachern gearbeitet haben.
Wert 16 000.-